ok, es hat mal geheissen, das es interesse an der fertig arbeit gibt *lol* kanns mir zwar nicht vorstellen, aber büddeschön
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Tagebücher vs. LiveJournals
- Weshalb schreiben wir?
„Das Tagebuchschreiben ist der typische Ausdruck der typischen Überschätzung des eigenen Ichs.“
- Ödön von Horvath, ’Jugend ohne Gott’
Zuerst muss ich wohl einige Erklärungen dazu machen, was denn eigentlich ein LiveJournal (LJ) ist, damit der Rest meiner Arbeit überhaupt verständlich wird.
www.livejournal.com
LJ wurde im März 1999 von Brad Fitzpatrick ins Leben gerufen, der seit 1998 so sein eigenes Tagebuch geführt hatte. Es war ein sofortiger Erfolg und wird heute von über 1'000'000 Menschen weltweit benutzt. Es wird von vielen Freiwilligen moderiert und von einigen bezahlten Angestellten kontrolliert.
Jeder, der ein LJ startet, bekommt zwei Passwörter mit dem zwei weitere Leute ein LJ starten können, es lebt also von Mundpropaganda und vom Schneeballeffekt.
Man unterscheidet zwischen „Free accounts“ und „Paid accounts“, wobei die Mitgliedschaft 25$ im Jahr kostet.
Neben dem Tagebuch, das man selbst gestalten und verändern kann, gibt es zu beinahe jedem Thema eine Community in der man mit anderen LJ-Benutzern über das Community-Thema diskutieren kann.
Diese Themen gehen von TV-Serien über Schreib-Wettbewerbe bis hin zum Haarefärben.
Ausserdem kann man andere Benutzer, die man kennen gelernt hat zu ‚Freunden’ machen, und deren Tagebuch-Einträge auf einer von LJ dafür eingerichteten, und dem eigenen Tagebuch angefügten, Website lesen, womit man seine eigenen Einträge und die der Leute, die einem wichtig sind, alle auf einer Homepage hat und es sich erspart, täglich mehrere verschiedene Tagebücher zu besuchen.
Einträge die man macht, sind entweder für alle zu sehen, nur für Freunde oder nur für einen selbst und bei den ersten beiden Varianten können Kommentare von aussen dazu gemacht werden.
Geschichte meines Schreibens
Ich hab mit etwa elf Jahren angefangen, Tagebuch zu schreiben.
Alles begann mit einem Bild, das ich von den zwei Wüstenrennmäusen malte, die ich damals bekommen hatte. Danach entschied ich, den Block, auf dem das Bild gemalt war als „Mäusetagebuch“ zu benutzen. Darin sind zu Beginn Bilder, Fotos und Beschreibungen von Sachen, die ich mit den beiden erlebt hatte. Bald begann ich dann aber auch andere Sachen aufzuschreiben, meistens Streit mit meiner Familie oder Freunden, wie ich im Nachhinein festgestellt habe. Nachdem die zweiten zwei Mäuse, die wir gehabt haben, gestorben sind, gibt es eine lange Pause, in der ich gar nichts mehr geschrieben habe, bis ich eines Tages wieder über mein „Mäusetagebuch“ stolperte, begann, darin zu lesen und merkte, wie gerne ich von der Zeit, in der ich nicht geschrieben hatte, etwas Schriftliches gehabt hätte.
Am 22.6.1998 machte ich meinen ersten Tagebucheintrag in einem Buch, das ich bis dahin für meine Geschichten benutzt hatte und die Einräge blieben meist auch auf “erzählerischer“ Ebene, da ich schon damals den Wunsch hatte, eines Tages etwas von meinen Sachen zu veröffentlichen, und die Sachen, die ich erlebt hatte, sollten wohl als Grundlage für irgendwelche Geschichten dienen. Nebenbei hatte ich jahrelang eine Mappe, in der ich meine Gedichte gesammelt habe.
Auch dieses Tagebuch bricht irgendwann in der Mitte ab und es kommt eine zirka dreijährige Pause, in der ich in die Sekundarschule kam und meinen ersten Freund hatte und wohl einfach nie die Zeit und Motivation fand, etwas zu schreiben. Heute bereue ich es, an diese Zeit keine schriftliche Erinnerung zu haben. Nicht so sehr für die Sachen, die damals passiert sind, sondern weil ich gerne wüsste, was ich damals darüber gesagt hätte.
Am 4.5.2001 fing ich mein drittes Tagebuch an und diesem folgten bisher 4 Bücher, in die ich manchmal täglich, manchmal für eine lange Zeit gar nicht, durchschnittlich aber bestimmt einmal die Woche hineinschreibe.
Am 9.4.2003 kam dann ein LiveJournal hinzu.
Ich hatte schon vor einiger Zeit davon gehört und Online-Freunde von mir wollten schon lange, dass ich mir auch eins zulege und gaben mir ein Passwort. Da ich aber ansonsten schon viel zu viel Zeit im Internet verbringe, hab ich mich lange geweigert, noch so etwas anzufangen, bis ich eines Tages in der Schule auf einen Lehrer warten musste und beschloss, ich könne ja jetzt mal einen Eintrag schreiben, wenn ich schon nichts Besseres zu tun habe.
Seit diesem Eintrag bin ich begeisterter LJ-Benutzer, habe mein LJ nach meinem Geschmack eingerichtet, habe um die 20 Leute, deren Einträge ich regelmässig lese und bin Mitglied in mehreren Communities.
Was schreibe ich?
In meinem normalen Tagebuch schreibe ich hauptsächlich Dinge auf, die mir passiert sind und an die ich mich erinnern möchte, oder dann Dinge, über die ich mich aufrege. Oft klebe ich Fotos ein oder andere Sachen, die etwas mit meinem Eintrag zu tun haben, wie Kinokarten, Konzerttickets, Zugbillette oder Postkarten. Diese Einträge können vollkommen oberflächlich sein oder sehr emotionell und tiefgründig.
In meinem LJ bleibe ich meist recht seicht, versuche aber meine Einträge interessant und ansprechend zu gestalten, da ich damit nicht andere Leute langweilen, sondern sie eher zum Lächeln oder Nachdenken bringen will. Ausserdem stelle ich die meisten meiner Graphiken, Hintergrundbilder oder anderen „künstlerischen“ Sachen da aus, um mir Kommentare, Lob und Rat einzuholen.
Neben diesen beiden Tagebüchern habe ich ein Ringbuch, dass ich beinahe überall dabei habe, und worin ich Einfälle für Gedichte reinkritzle, um sie später auszuarbeiten oder indem ich einfach rumzeichne, wenn ich gelangweilt bin.
Zusätzlich führe ich ein Notizbuch über Graphiken, die ich fertiggestellt habe oder über Sachen, die ich noch zu erledigen habe, und mit welchen Funktionen ich welche Effekte erreicht habe, was man wohl auch als eine Art Tagebuch sehen kann.
Warum das alles?
Tagebuch schreibe ich, da ich ein Mensch bin, der nicht gerne die Konfrontation sucht, sondern Sachen eher in sich „reinfrisst“. Deswegen hilft es mir, über mein Tagebuch Dampf abzulassen. Das kann auch oft wahnsinnig emotional werden, so, dass ich mich entweder richtig aufrege oder zu weinen beginne, im Nachhinein fühle ich mich jedoch immer viel ruhiger.
Ausserdem ist es etwas, dass ich ruhig und zurückgezogen in meinem Zimmer machen kann und irgendwie brauche ich das manchmal. Einfach an meinem Schreibtisch zu sitzen und zu schreiben.
Das LiveJournal gibt mir die Chance mit den Leuten, die ich Online kennen gelernt habe oder mit Freunden, die weit weg wohnen, einfach und ohne Mühe in Kontakt zu bleiben.
Ich kann mir in den verschiedenen Communities Leute mit meinen Interessen suchen und über Dinge diskutieren, über die ich im realen Leben vielleicht mit niemandem reden könnte. Sie übernehmen dabei die Rolle des „Fremden im Zug“, denn wenn die Gespräche tatsächlich mal emotionaler werden, kann man Ratschläge geben oder empfangen, ohne sich verpflichtet zu fühlen. Man kann als Aussenstehender versuchen, eine Situation zu beurteilen und zu helfen, oder jemanden, der nichts damit zu tun hat, um Hilfe zu fragen. Man kann sich aber auch ganz einfach zurückziehen.
Ausserdem habe ich bei LJ die Möglichkeit, meine Graphiken und manipulierte Bilder „auszustellen“, und Kritiken und Verbesserungsvorschläge dafür zu bekommen, oder mich auch einfach nur loben zu lassen.
Da ich das Schreiben und das Gestalten irgendwo als Teil meines späteren Lebens sehe ist das eine sehr gute Möglichkeit, mich in Beidem zu üben, und „spielerisch“ besser zu werden.
Das Gedicht-Tage/Notizbuch habe ich mir angeschafft, da ich eigentlich immer an Formulierungen von Textzeilen oder Gedichten bastle, wenn ich irgendwo unterwegs bin oder warten muss und zwar immer mehrere Stifte zur Hand habe, meist aber kein Papier und ich dann überall kleine Notizen auf Quittungen und Visitenkarten hatte. Auf diese Art ist alles geordnet und hat seinen Platz. Das gleiche gilt für die Graphiken.
Ich habe gemerkt, dass all das, obwohl es wahnsinnig chaotisch und umständlich wirkt, eine gewisse Ordnung und auch einen Rhythmus in mein Leben bringt und dass das etwas ist, dass ich sehr nötig habe.
Warum lese ich andere LiveJournals?
Genau so, wie Leute mit meinem Leben auf dem Laufenden bleiben können, kann ich ihr Leben mitverfolgen oder zumindest die Dinge, die ihnen wichtig genug sind, um sie aufzuschreiben. Wenn ich etwas Interessantes erlebt habe (ein Konzert oder ähnliches) und mehreren Leuten davon via Email erzählen will, schreibe ich den Text für jede Person neu, da ich ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich zwei oder mehrmals den selben Text abschicke und ich weiss, dass es anderen auch so geht. Im LJ fällt dieser Faktor weg, da ich den Eintrag, rein theoretisch, nur für mich schreibe, und ihn dann mehrere andere Leute lesen.
Natürlich weiss jeder, der ein öffentliches LJ führt, dass dies von anderen Leuten gelesen werden kann und höchstwahrscheinlich auch wird. Seien das nun Fremde oder Freunde. Und als Freund dieser Person weiss ich, dass sie mich das, was da steht, wissen lassen wollte, also muss es für sie etwas Spezielles sein, wofür ich mir die Zeit zum Lesen nehmen sollte.
Ausserdem bin ich wahnsinnig „schreib-fixiert“, was man wahrscheinlich gemerkt hat.
Das geht bei mir so weit, dass mir Leute, die mir auf den ersten Blick unsympathisch waren, sympathischer werden, wenn das, worüber sie schreiben ansprechend, spannend, interessant oder lustig ist.
Andersherum habe ich aber auch gemerkt, dass mir gewisse Leute weniger sympathisch werden, wenn ich merke, dass sie in ihren Einträgen versuchen, besser da zu stehen, als sie sind, nur von Sachen erzählen, wo sie zum Schluss gut da stehen oder ganz einfach einen langweiligen oder schlechten Schreibstil haben.
Ausserdem sind geschriebene Sachen immer mehrfach überprüft und überlegt, also weiss ich, wenn da etwas steht, dann wollte die Person es genau so sagen. Wenn man schreibt, schafft man für sich eine Persönlichkeit, von der man möchte, dass die anderen einen so sehen - das kann so sein, wie man in der Realität ist, oder auch ganz anders.
Andere Meinungen
Um die Meinung anderer Leute zu dem Thema zu erfahren, habe ich einen Fragebogen zusammengestellt, den ich einerseits in meinem Journal von verschiedenen LJ-Benutzern beantworten lassen habe, andererseits auf verschiedenen Diskussionsforen veröffentlicht habe und Leuten, die ich im realen Leben kenne zum Beantworten gegeben habe.
Nachfolgend werde ich versuchen, die 21 Fragen, die von zirka 30 Leuten beantwortet wurden, in einen Bericht zusammenzufassen, da es mir langweilig erscheint, alle Fragebogen hier aufzulisten.
Alle, die ich befragt habe und die ein Tagebuch besitzen, antworteten, dass sie nicht regelmässig schreiben und wenn, dann eigentlich nur, wenn ihnen etwas Spezielles passiert ist, an das sie sich später erinnern möchten, oder wenn sie etwas aussergewöhnlich aufwühlt. Ein Mädchen erzählte mir, dass sie zwar noch immer versucht, regelmässig zu schreiben, dann aber meistens doch nur Sachen hineinzeichnet und besonders, wenn sie etwas wirklich Wichtiges aufschreiben will, weiss sie oft gar nicht, wo sie beginnen soll und gibt es schlussendlich ganz auf.
Eine Erfahrung, die ich selbst oft gemacht habe: man will gewisse Dinge unbedingt aufschreiben, dies dann aber nach mehreren Versuchen aufgeben muss, weil die Erinnerung noch zu nahe und real ist und man einfach nicht weiss, wo und wie beginnen.
Jemand anderer erzählte mir, dass sie früher, als sie noch jünger war, andauernd geschrieben hat. Täglich, manchmal sogar mehrmals pro Tag, da sie damals niemanden hatte, dem sie ihre Gedanken anvertrauen wollte, oder der ihr zugehört hätte. Sie schreibt nun seit Jahren nicht mehr, hat mehrere angefangene Tagebücher und nur eines, das wirklich voll ist.
Auch das kann ich verstehen, da bei mir auch jedes Mal das Gefühl da war, ein neues Buch zu nehmen, nochmals neu anzufangen und diesmal alles seriös und ganz anders als das letzte Mal zu machen.
Auf die Frage, worüber man den so allgemein schreibt, gab es die verschiedensten Antworten. Manche brauchen das Tagebuch, um ihre kreative Ader auszuleben, dichten, schreiben Geschichten und zeichnen darin, andere geben ganz schlicht wieder, was ihnen in dieser Woche passiert ist. Der Grossteil der befragten Leute benutzt das Tagebuch jedoch als Möglichkeit, ihre Träume, Gedanken und Gefühle zu verarbeiten.
„Mal so, mal so, aber mehr Gedanken. Denn an Ereignisse erinnert man sich leichter und muss es nicht festhalten. Aber es ist schön, manchmal seine Gedanken nachzulesen und nochmal an diesen Moment zu denken.“
„Ich schrieb über meinen Tag, meine Gedanken, über das, was geschehen war und über meine Zukunft. Ich hatte immer eine Liste mit Sachen, die ich in der Zukunft tun oder nicht tun wollte. Damals konnte ich die Dinge so logisch anordnen – wenn auch nur in meinem Kopf.“
Auch das ist etwas, was mir beinahe alle bestätigten. Das Tagebuch helfe ihnen, tatsächlich Sachen zu ordnen, zu strukturieren und zu verarbeiten, seien das nun Ideen, Erinnerungen oder Probleme, die sie gerade hatten/haben.
„Teilweise gibt es einfach Dinge, die man keinem erzählen kann oder will. Aber man muss sie einfach äussern, um sich besser zu fühlen.“
Auch geht es vielen so wie mir. Sie fühlen sich dem Tagebuch gegenüber verpflichtet, ehrlich zu sein und auf die Frage, ob das Schreiben ihr den helfe, antwortete ein Mädchen: „Manchmal schon. Wenn ich vor Dingen davonlaufen möchte, bin ich beim Schreiben gezwungen, mich damit auseinander zu setzen. Meistens habe ich danach einen klaren Kopf und das Problem ist nicht mehr so gross wie vorher.“
Eine Primarschullehrerin mit der ich gesprochen habe, meinte, dass sie oft versucht, ihre Tagebucheinträge wie LJ-Einträge zu gestalten, um diese interessanter zu machen, aber meistens scheinen sie unglaubwürdig und sie ist sich nicht ganz klar, für wen sie denn eigentlich schreibt, also weshalb sie dann überhaupt schreibt, wenn niemand da ist, der es liest.
Ich kenne sie schon eine ganze Weile und weiss, dass sie ein Mensch ist, der ein Publikum braucht. Jemanden, der ihr antwortet und dem sie ihre Geschichten erzählen kann. Deswegen hat es mich auch überhaupt nicht verwundert als sie erklärte, dass sie das LJ bevorzuge, weil sie da Kontakt zu Menschen hat.
Alle Befragten kannten LJ durch eine Online-Bekanntschaft und wurden entweder von dieser auch eingeladen oder bekamen von ihr ein Passwort vermittelt.
Ein klares Plus des LJs, das auch von allen genannt wurde, ist die Tatsache, dass man neben den Einträgen an sich, auch mit dem Layout spielen kann, sich inspirieren lassen oder mit Freunden kommunizieren. Die ganze Interaktivität lockt an.
Ausserdem fällt es vielen leichter, ihre Gedanken in eine klare Ordnung zu bringen, wenn sie auf dem Computer tippen, Sachen löschen, verändern oder verschieben, ohne streichen oder radieren zu müssen.
Ich persönlich mag die Sauberkeit und Schlichtheit von gedruckten Sachen auch, bin aber gleichzeitig jemand, der direkt am Computer keinen guten Satz zustande bringt. Ich brauche das Chaos von Zetteln und Stiften um mich herum, um kreativ zu sein. Ausserdem lernt man, wie man spontan schreibt, wenn man nicht alles tausendmal streichen und verändern kann.
Auch erklärten mir viele, dass sie ihre Gedanken „veröffentlichen“, da sie gerne die Meinung anderer zu gewissen Themen möchten, oder wie ein Mädchen mir frech entgegnete, sie sich einfach gerne „reden“ hört.
Ein bisschen „Prostitution“ ist immer dabei, und darüber sind sich auch alle Benutzer bewusst, denn wiederum waren sich alle einig, dass sie nie das Gleiche in ihr Tagebuch wie in ihr LJ schrieben würden, oder dann, dass sie die ganz persönlichen Sachen auch als „privat Entry“ abspeichern, weil das dann nur von ihnen selbst gelesen werden kann. Gewisse Leute besitzen sogar zwei Journals. Eins, das für sie privat ist und eins für Freunde.
Manchmal liest man auch Sachen, denen man anmerkt, dass sie nur da stehen, um zu provozieren, oder man bemerkt Anspielungen, die man nur verstehen kann, wenn man die ganze Hintergrundgeschichte kennt.
All das sind für mich kleine Hinweise, dass jeder genau weiss, auf was er sich einlässt und zumindest eine kleine exhibitionistische Ader hat, die er auf diese Weise ausleben kann.
Natürlich muss man dann auch mir Reaktionen rechnen. Dafür gibts das Kommentarsystem.
Im Allgemeinen freut man sich über Kommentare, da es einem zeigt, dass überhaupt jemand die Sachen liest, die man schreibt. Und meistens sind es auch nur die Leute, die man sowieso schon kennt, und mit denen man schon näheren Kontakt hatte und deren Journal man selbst verfolge.
Und auch, wenn man damit rechnen sollte, das Dinge, die man ins Internet stellt, nunmal publik werden, gibt es doch immer wieder mal wüste Streitereien, bei denen ich selbst auch schon teil war.
Zum Beispiel, als ich einmal über ein LJ stolperte, das ich nicht kannte, ein Eintrag aber gerade sehr interessant wirkte und ich deswegen meine Meinung dazu abgab, die sich jedoch leider von der Meinung des LJ-Besitzers unterschied. Freundlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn mir ihre Meinung nicht passt, ich gerne wieder gehen könne, da es ja nicht so sei, als sei ich von ihr eingeladen worden.
Aber eigentlich ist das, wie im realen Leben. Manche Menschen reagieren gut auf Kritik, andere weniger, und von daher steht man bei solchen Sachen auch mal drüber und vergisst sie schnell wieder.
Die grosse Frage war dann aber, was die Leute den nun lieber haben. LJ oder das herkömmliche Tagebuch.
Wie ich erwartet hatte, gab im Allgemeinen jeder spotant die Antwort, dass das LJ besser sei, da es vielseitiger, interessanter und interaktiv sei. Zu meiner Erleichterung fügten aber fast alle dann noch an, dass sie auf das Tagebuch trotzdem nicht verzichten möchten.
LJ oder Tagebuch?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich, seit ich ein Mitglied bei LiveJournal.com bin, weniger Zeit für mein Tagebuch übrig habe, was aber nicht heisst, dass ich das LJ besser mag.
Das LJ hat neben der simplen Tagebuch-Funktion die ganzen Gestaltungs- und Diskussionsextras, die es sehr ansprechend machen, aber da ich genau weiss, dass andere Leute die Sachen, die ich schreibe, lesen werden, würde ich nie etwas zu persönliches schreiben, da ich das Gefühl hätte, mit dem, was mir passiert ist, anzugeben. Deswegen wird das Tagebuch nie verschwinden, da ich nur dort meine ganz persönlichen Gedanken und Gefühle aufschreiben kann.
Etwas ins LiveJournal zu schreiben ist einfach. Keiner stört sich daran, wenn es ein wenig sinnlos oder oberflächlich ist.
Auch wenn ich manche von den Sachen, die ich ins Tagebuch schreibe, eigentlich nicht mal gerne denke, versuche ich dort immer, ehrlich mir gegenüber zu bleiben.
Ausserdem liebe ich das Geräusch von vollgeschriebenem, knitterndem Papier, den Geruch von Tinte und die Tatsache, dass ich mitten in der Nacht aufstehen kann, um etwas aufzuschreiben und das Tagebuch auch überall hin mitnehmen kann.
Was mich bei der ganzen Arbeit jedoch überrascht hat, waren die zwei Personen, die mir sagten, dass sie weder LJ noch Tagebuch besässen. Beide meinten, dass in ihrem Leben gar nichts passiere, das spannend genug sei, um aufgeschrieben zu werden.
Ich fand das deswegen schockierend, weil es ja nicht so ist, als würde ich Dinge aufschreiben, die noch nie zuvor jemandem passiert sind oder Sachen, die für irgendwen später Mal wichtig sein könnten. Ich bin keine Anne Frank. Die Sachen, die ich in mein Tagebuch schreibe, sind meine Gedanken und Gefühle und die sind für mich wichtig genug, um sie aufzuschreiben, und zum Glück scheint das doch auch heute noch relativ vielen anderen Jugendlichen so zu gehen.
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