FILMKRITIKEN

Läuft was interessantes im Fernsehen? Wie gut ist der neueste Blockbuster wirklich? Gibt es neue Gerüchte über Hollywood-Stars? Hier könnt Ihr es diskutieren!

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Jack-Halliwell
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Beitrag von Jack-Halliwell » Mo 02 Feb, 2004 1:33 pm

Heute Nacht beginnt die Schlacht! Heute Nacht ... kämpfen wir...

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Underworld

Vampire vs. Werwölfe (sogenannte Lycanern) in einem immer währenden Krieg, den die Vampire zu gewinnen scheinen.
Doch wer sich klassische Vamps stetig in edlen Fummeln gekleidet vorstellt oder gar die gute alte Pflock ins Herz Nummer möchte, wird eines besseren belehrt.
Lack und Leder.
Schwarz, kalt und kantig. Eisig. Metallisch - wie die Kugeln aus Silber, die dem Zuschauer praktisch um die Ohren fliegen.
So ist „Underworld“ – und so will er auch sein.

Die Geschichte basiert auf einem gleichnamigen Rollenspiel und hat somit, wie es die meisten Vertreter dieser Branche, einen nahezu epischen Hintergrund, der beim Anschauen Lust auf mehr macht.
Erging sich Blade (als auch das Sequel) letztlich nur in einer Metzelorgie ohne Sinn und Verstand, bei denen es den Vampiren nur auf die Vorherrschaft auf Mutter Erde ankam, indem sie im Sonnenlicht wandeln, so entfaltet sich „Underworld“ mit der Zeit völlig anders vor dem Zuschauer.
Interessant an „Blade“ waren der Bösewicht des ersten (S. Dorff) und das Bloodpack des zweiten Teils – ansonsten blieb an Story wenig übrig, denn alle gierten sie nur nach dem Blut des Daywalker.
Underworld hingegen entpuppt sich als eine Art episches Familien-Kriegs-Drama auf mystischem Hintergrund, dass sich unverkennbare Anleihen von Shakespeares Romeo&Julia entlieh – denn Vampire und Werwölfe sind nicht einfach nur die Montagues und Capulets.
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Und allein wegen des Hintergrundes, der sich nur Stück für Stück entblößt, ist man bereits am Ende gespannt auf das Sequel und das Prequel, denn obgleich Underworld kein Kassenknüller war, so sind beide Filme bereits fest geplant.
Und es wäre eine Schande das Potential dieses Filmes nicht zu nutzen.
Zwar erschließt er sich nicht jedem Zuschauer, vermutlich auf Grund dessen, dass die Mystik beider Freak-Spezies eher zurückhaltend präsentiert wird (da kommt die Vermutung auf, der Hintergrund wird gleichmäßig auf die ganze Trilogie verteilt) und wohl auch deswegen, dass „Underworld“ keinerlei weichen Konturen hat:
Er ist hart und kantig gefilmt wie dunkelster Stahl, genauso in bläuliches Licht getaucht und irgendwie farblos und findet so eine ganz eigene Stimmung: als würde einem ein eisiger Windhauch im Dunkel der Nacht sämtliche Haare zu Berge stehen lassen.

Und so passt sich auch die Darstellung Selenes durch Kate Beckinsale (Pearl Harbor, Van Helsing) perfekt dieser Grundstimmung an.
Beckinsale bleibt eisig und gleichsam so schön wie eine schwarze Rose, unterstrichen wird dies noch durch ihr Lack&Leder-Kostüm, aus dem zu schälen sie sicherlich einige Mühe hatte, sitzt es doch so eng, dass man meinen könnte, sie wäre damit zur Welt gekommen (für die Männerwelt sowie die lesbische Fraktion ein Hingucker besonders in der Eingangssequenz, in der man am liebsten schreien möchte „Blöder Mantel, weg damit!“)
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Doch zurück zur Schauspielerei: bleibt diese wirklich völlig kühl, fast schon unterkühlt?
Beckinsale darf kaum Emotion zeigen, denn die Jägerin der Nacht ist eine nun einmal eine kalte Kriegerin, so scheint sie dennoch Gefühlsregungen anzudeuten und nicht gänzlich kalt zu spielen – mit kleinen, ja kaum merklichen Gesten oder Blicken, einem Blinzeln der Augen oder einem gehauchten Ausatmen, dass man fragen möchte: „War da was?“.
So emotional flüchtig erscheint Selene, daß man sich ernsthaft fragt, ob unter dieser granitharten Schale noch mehr stecken könnte.
Dahingehend passt sogar die dt. Synchronsprecherin Beckinsales in „Underworld“ perfekt ins Bild, denn Ranya Bonalana ist extrem wandlungsfähig; mal sanft und schüchtern (für Amber Benson) oder mütterlich stark und zickig (Stimmenleihgabe Shannen Dohertys) – hier ist die dt. Stimme Beckinsales genauso wie die Darstellerin selber –küüüühl- und somit eines des Sounderlebnisse der Synchronfassung.
Sicherlich bleibt noch vieles von Selene im Dunkeln und scheinbar oberflächlich, doch andererseist wäre es hier schön dumm gewesen den Figuren schon alles zu entlocken.

Scott Speedman hingegen bleibt blass und das liegt nicht allein an der Farbbleichung des Filmes, dahingegen macht aber Michael Sheen (Lucian) eine bessere Figur und obwohl er nicht quadratisch, praktisch, gut gebaut wie ein Sattelschlepper daherkommt oder vielleicht eben deswegen kann er doch als Anführer des Werwolfklans überzeugen – dasselbe gilt für Bill Nighy (Tatsächlich ... Liebe), der Selenes Meister und Ersatzvater Viktor gibt.

Das Budget von 22 Mio. Dollar sieht man dem Film an, denn obschon er sehenswerte Verwandlungen der Werwölfe innehat und noch ein paar andere nette Special-Effects, so wurde hier doch stärker gespart, so sieht auch die Kulisse des Werwolfnestes aus wie ein Neubau, dem eine Abrissbirne zu nah gekommen ist.
Einzig das Gebäude in der Eingangssequenz, sowie die beinahe schon klischeehafte Vampirvilla, aber auch ein paar Stadtsequenzen in Verbindung mit der Ausbleichung der Farbe kreieren im Film einen ganz eigenen altertümlich wie zugleich neo-gothischen Touch, dem man sich einfach nicht entziehen kann.
Deswegen wohl auch die Spielerei mit Licht und Farbe, sowie einigen sehr gewagten Einstellungen, doch kommt dies alles dem Film nur zu Gute, denn schöpft er letztlich seine Charakter nicht aus Hochglanztechnik a la Blade, die nur eine dünne Story überdecken sollen, sondern nimmt sich dahingehend eher zurückhaltend und einfach in der Machart aus.
So geht es auch in Puncto Kostüme zu – Augenweide diesbezüglich ist die bereits erwähnte Aufmachung Beckinsales.

Am Ende mag es im Geballer der Vampire gegen Werwölfe ein wenig unübersichtlich zugehen, doch wenn wir ehrlich sind: andere Filme machens nicht viel besser. Krieg ist nun mal ein ziemliches Chaos bei dem kein Auge trocken bleibt. Und er ist schmutzig wie der Showdown selber.
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Und letztlich sind es auch die Waffen – wie Selene im Eingang letztlich schon erwähnte, sind die Zeiten der alten Kriegskunst vorüber. Wen wundert es dann denn bitteschön, dass geschossen wird?
Natürlich fragt man sich: muß das sein? Nur Schußwaffen? Oder ist es doch die perfekte Symbiose zwischen (minimalisierten) vampirisch-mystischem Klassizismus und kalter Moderne?
Merkwürdigerweise kommt bei diesem Gedanken sogar ein wenig Last Samurai-Feeling auf – der gute alte und ehrenwerte Kampf Mann gegen Mann, Klinge gegen Klinge weicht dem Zeitalter der Kugeln und des dreckigen Tötens.
Keine angenehmen Heldentaten oder herzerweichende Abschiedsreden ... nein, „Underworld“ bleibt seiner harten Linie treu und zaubert nicht, sondern umreißt mit einem extrem harten Bleistift.

Genauso also wird geschossen und wird nicht mit einer superweichen und perfekt abgestimmten Choreographie gearbeitet wie vergleichbare Vertreter dieses oder anderer Genres. Und das will Underworld vermutlich auch nicht.

In Gegenüberstellung kann „Blade“ sicherlich noch mit einer geschniegelten Darstellung aufwarten, doch storymäßig hat „Underworld“ die Nase vorne und, versteht man den Film richtig, war es ihm anscheinend nicht wirklich wichtig zu glatt zu sein.
Die Romeo&Julia Anlehung ist nett, doch scheint sie zu mißglücken oder ist sie nicht letztlich doch eher dem kantigem Strickmuster des ganzen Filmes angepaßt worden...

Natürlich wird man unwillkürlich an „Matrix“ erinnert bedenkt man die Schusswechsel (besonders am Anfang) und zugleich auch an „American Werewolf in Paris“ wenn die Lycaner sich verwandeln.
Der Mythos des klassischen Vampirs geht verloren, doch baut er einen eigenen auf, um den sich sicherlich noch eine eigene Geschichte im Prequel ranken wird...
Doch von Filmzitaten und natürlichen Schwächen der meisten Actionfilm, welche zumeist lediglich routiniert und wenig innovativ wirken, einmal abgesehen macht die hier nur vorbereitete Story um Werwölfe & Vampire bereits jetzt Lust auf die beiden anderen Teile.

Kein Meisterwerk und als Einzelkanditat würde „Underworld“ nur 4 Smilies bekommen, doch einen Bonusstern gibt es als Vorschußlorbeeren auf eine Gothik-Action-Saga, bei der man das Schießpulver des Nachfolgers riechen und die (so würde ich vermuten) klirrenden Schwerter und surrenden Armbrustbolzen der Vorgeschichte praktisch hören kann.

Daher eine ganz knappe Gnaden-5-Smilies-Wertung
:) :) :) :) :)
Zuletzt geändert von Jack-Halliwell am Mo 09 Feb, 2004 8:57 am, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von slarti » Mo 02 Feb, 2004 8:26 pm

Nur ein (unqualifizierter?) Einschub

Eine Frage geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Warum wird eigentlich jeder Post-Matrix Actionfilm kritisiert, weil er Matrix (mehr oder weniger Platt) kopiert?
Hat man das vorher mit den Filmen auch gemacht? Oder fehlten einfach die großen vorbilder, die dann wirklich auch ALLE kopieren konnten?
Ich meine Matrix war wahnsinnig erfolgreich, und hat definitiv das Genre neu definiert, warum also nicht dort kopieren? Man kann nicht jeden Tag das Rad neu erfinden, man sollte aber auch nicht, um die Analogie aufrecht zu erhalten, nach der Erfindung des Rades wieder zu Schlitten greifen.
Klartext:
Wenn Matrix uns teigt, wie man es machen kann, wie man es machen soll, wenn man Erfolg haben will, warum sollten wir das dann in unseren Filmen nicht machen.
What the hell are we doing? We must be out of our damned minds! But we are so fucking cool.


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Beitrag von Spike'sKrüml » Mo 02 Feb, 2004 8:36 pm

zugleich auch an „American Werewolf in
Pais“ wenn die Lycaner sich verwandeln.
typo!typo!

sag was dazu wenn ich mir den film angeschaut hab.was ich tue.nach der kritik.hehe.
[/b][/quote]
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Beitrag von Jack-Halliwell » Mo 02 Feb, 2004 11:11 pm

slarti hat geschrieben:Nur ein (unqualifizierter?) Einschub

Eine Frage geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Warum wird eigentlich jeder Post-Matrix Actionfilm kritisiert, weil er Matrix (mehr oder weniger Platt) kopiert?

Klartext:
Wenn Matrix uns zeigt, wie man es machen kann, wie man es machen soll, wenn man Erfolg haben will, warum sollten wir das dann in unseren Filmen nicht machen.
Ich denke das Problem liegt einfach darin, daß große Filme, wobei groß in dem Sinne gemeint ist, daß es viele Anhänger des jeweiligen Filmes gibt, nunmal unantastbar werden sobald sie eine Genre (neu)definieren.

Letztlich ist benannter Matrix auch nur ein aus Versatzstücken älterer Filme zusammengeschneideter Genremix - so findet man den Klassiker Tron mit Jeff Bridges und Bruce "Cpt. Sheridan" Boxleitner (kennt den hier noch irgendwer??) in Matrix wieder, ebenso den Animefilm Ghost in the Shell (weiha wurde hier geklaut...erzähle mir keiner was anderes, ich kenne GitS ziemlich gut)... etc, etc... diese Art von Vorwurf muß sich Matrix nicht stellen, da vielmehr Zeit dazwischen liegt, und die Filme nicht oder weniger bekannt sind - die jungen Leute heute werden Tron kaum kennen und GitS erschließt sich nur den Animefans, oder aber schon fast vergessen, daß man bestenfalls von einem Remake spricht.

Ich frage einfach mal so: wenn nun einer hingeht und sich durch Herr der Ringe inspiriert fühlt einen ähnlichen Schinken zu machen bzw. sich ob diverser Szenen diese als Anleitung nimmt und genauso pompös darstellt, was würden die Leute sagen??
Ich schätze sie würden allesamt aufschreien.
Und warum?
Weil sowas als unantastbar gesehen wird, weil er zuerst da war... der Grund ist mir persönlich ebenso schleierhaft, denn wie du schon sagtest: sie zeigen uns wie es geht. was man machen kann, ist es zu verbessern oder mit anderen Dingen zu verbinden.

Der Vorwurf wird immer irgendwie kommen. Genauso wie man HP immer irgendwie mit HdR vergleichen wird.
Ich für meinen Teil hätte Ideen und Szenen im Kopf u.a. inspiriert durch HdR und würde ich es umsetzen wollen...naja...

Es mag eine Binsenweisheit sein, aber das Rad wird nunmal nicht neu erfunden.
Genausowenig wie man neue Figuren kreiert - es sind Stereotypen, angelehnt an bereits vorhandene Charas, die lediglich nur ein anderes Aussehen bekommen bzw. andere Namen, aber wahrlich 'neu' sind sie nie. Das sind auch nicht die Stories oder die Machart.

Ich hoffe nicht, daß meine Besprechung den Eindruck erweckt, ich würde Underworld dahingfehend kritisieren - ich sah schon die Parallen, aber ich fand sie in keinster Weise deplaziert.
Underworld erinnerte mich ein wenig auch an Resident Evil, wobei es stärker in Richtung der Spiele tendierte, denn zum Film.. aber das ist eine andere Geschichte.

BTW: wieso sollte der Einschub unqualifiziert sein?? :shocked:

@Krümelchen: typo? - stehe da jetzt ein wenig auf dem Schlauch.
Ich übernehm aber keine Haftung.... :-D

PS: nächster Artikel: Nicholas Nickleby
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Beitrag von Manü » Mo 02 Feb, 2004 11:14 pm

@Krümelchen: typo? - stehe da jetzt ein wenig auf dem Schlauch.
das is ein andres wort für tippfehler. :wink:

ich nehm mir einfach mal heraus zu antworten für sie. wie unverschämt.
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Beitrag von Jack-Halliwell » Mo 02 Feb, 2004 11:22 pm

Manü hat geschrieben: das is ein andres wort für tippfehler. :wink:

ich nehm mir einfach mal heraus zu antworten für sie. wie unverschämt.
Ach, im Sinne von typographisch ... da sieht mans mal wieder: ich werde langsam alt.
Arrrrrgh, hab ich doch tatsächlich das 'r' in Paris vergessen. Gleich mal edit.
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Beitrag von Jack-Halliwell » Di 03 Feb, 2004 9:48 pm

Jede Familie braucht einen Helden...

Nicholas Nickleby
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Cast: Charlie Hunnam, Christopher Plummer, Jim Broadbent, Anne Hathaway, Jamie Bell, Tom Courtenay, Timothy Spall, Nathan Lane…
Director:Douglas McGrath

Jede Familiengeschichte hat weder Anfang noch Ende, doch diese Geschichte zumindest beginnt mit Nicholas Nickleby …Senior, dessen Tod für seinen Sohn Nicholas Nickleby jr. (Charlie Hunnam) der Beginn einer Reise durch das Leben wird bis er seinen Platz darin gefunden hat.
Doch das Leben hat Nicholas auf diesem Wege einige Stolpersteine gelegt.
So erhält er durch seinen geizigen Onkel Ralph Nickleby (Christopher Plummer – „Wolf“, „Star Trek VI“) eine Anstellung als Hilfslehrer in Bothboys, einer Art Internat für Knaben, dass von dem bösartigen Mr. Squeers (Jim Broadbent – „Bridget Jones“) und dessen Gattin, die des Mutters Teufel persönlich zu sein scheint, geleitet wird.
Als Gegenleistung für ein untadeliges Benehmen des 19jährigen Nicholas will sich Ralph Nickelby um Mutter und Schwester unseres Helden kümmern.
Doch Nicholas gerät in schweren Konflikt mit den eigenwilligen pädagogischen Maßnahmen seines Arbeitgebers gegenüber von den Eltern zu den Squeers abgeschobenen Schützlingen. Dies und seine Freundschaft zu dem Diener der Squeers, dem jungen, behinderten Smike (Jamie Bell – „Billy Elliot“), der aufs übelste behandelt wird, flüchtet er schließlich zusammen mit dem Jungen, welcher einst auch nach Bothboys abgeschoben worden war.
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(Muss i denn, muss i denn zu-um Städele hinaus...)
Auf seiner weiteren Reise lernt er den Theaterintendanten Crummles (Nathan Lane – „Mäusejagd“, „The Birdcage“) kennen bei dem er und Smike kurzzeitig unterkommen, doch schon bald zieht es Nicholas wieder fort, denn seine Schwester ist in höchster Not, Nicholas Onkel entpuppt sich nämlich als Tyrann, der seine Nichte wegen nötiger Geldzuwendung an einen Geschäftsfreund verschachern....
Und das Familiendrama nimmt seinen Lauf, an dessen Ende die entsetzliche Wahrheit über Ralph Nickleby herauskommt und als einziger Sonnenschein in Nicholas Leben scheint die liebreizende Madeline Bray (Anne Hathaway – „Plötzlich Prinzessin“).

Nicholas Nickleby ist ein Moralstück des Autors Charles Dickens, der u.a. bekannt ist für seine Werke Oliver Twist und Christmas Carol, ein Stück, das zeitgemäß und in wundervollster Weise erzählt wird - eine Komödie, ein Familiendrama, eine prächtige Ballade über gute und böse Menschen.
Und nicht umsonst erhielt der Film 2003 eine Golden Globe Nominierung als bester Film, denn McGraths Film ist einfach wunderschön anzusehen und es wundert, dass derart mit Nominierungen gegeizt wurde, obschon letztlich die Nominierung als bester Film praktisch alle Kategorien zusammenfasst – denn nur eine grandiose Komposition aus all den verschiedenen Sparten ergibt einen Globe-würdigen Film

So hinsichtlich der Regiearbeit und dem Script, deren Inszenierung eines so zeitlosen Stückes von McGrath, Autor, Schauspieler, Regisseur, gekonnt verkörpert wird.
McGrath versteht es die Stimmung Dickens einzufangen, aber auch seinen Geist zu erhalten, da das Script selber gerne den Autor wortwörtlich zitiert, die Zeit in der Nicholas Nickleby spielt sowie die Darsteller entsprechend einzusetzen.
Vielleicht hätte er großzügiger sein dürfen in der Gewichtung der Rollen, doch dies allein ist schon eine Schwierigkeit bei einem Roman, der so viele Charaktere beinhaltet. Und so gibt sich der ein oder andere Darsteller beinahe schon mit einem Cameo die Ehre.

McGrath fängt stimmungsvolle Bilder ein, düstere und bedrückende Orte wie Ralph Nicklebys Haus oder Botheboys Hall, der „Lehr“anstalt des Zuchtmeisters Squeers.
Aber auch heitere und frohgemute Plätze, als deren wichtigster Vertreter das kleine Landhaus der Nicklebys steht, dass Anfang und Ende des Filmes ebenso markiert wie der Baum unter dem Nickelby sr. begraben wurde.
Und so hat jeder Ort und damit jede Kulisse ihre ganz eigene Bedeutung ohne nur ein Muss zu sein...
Das Innere von Ralph Nicklebys Haus, in das auch keine einiger Sonnenstrahl dringt, ganz so wie das Herz des alten Mannes, ist elegant, doch in dunkelsten Farben gehalten.
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Botheboys Hall hingegen erscheint nicht nur düster, sondern auch ganz im Sinne von Dickens schmutzig und abstoßend einem Zuchthaus für Straftäter (deren einzigen Verbrechen in ihrer Existenz besteht) nicht unähnlich.
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(Wenn ich groß bin will ich auch mal solch ein gemütliches Eigenheim.)
Das Landhaus steht in einer Ölgemälde-gleichen englischen Landschaft und verspricht neben dem satten Grün, der es umgibt, in seinem matten Weiß einen Hauch von Geborgenheit, allerdings hat Eve Stuart es nie übertrieben in der Gestalt, dass die besinnlichen Plätze nie mit rosaroter Brille gesehen werden. Tatsächlich wirken diese Orte sogar ein wenig gedämpft – glückliches Leben: ja, aber unendliches Glück. nein.
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Dahingehend passt sich gerade jene letzte Einstellung auf Nicholas und Madeline, die sich unter dem Baum umarmen und dann auf das Haus sowie die im Hintergrund feiernde Gesellschaft blicken ganz in dieses Bild: friedlich, doch nichts scheint hier für die Ewigkeit gemacht, tatsächlich wird man an den Anfang des Filmes erinnert, eine Art geschlossener Kreis des Lebens....

Ganz genauso dazu passend ist die geniale Musik von Rachel Portman (Chocolat) – verspielt und zugleich ein wenig melancholisch fängt ihre Score den Frieden, aber auch die Suspense der Szenen perfekt ein.

Neben der Musik und den Sets sind es dann noch die Kostüme Ruth Meyers, die bereits Russell Crowe und Kevin Spacey in „L.A. Confidential“ kleideten und der Adams Family ihren herrlichen schrägen Look gaben, welche der Zeit gemäß den Stil und den Charme des 19ten Jahrhunderts wiederspiegeln. Auch wenn es aus heutiger Sicht ein wenig merkwürdig aussieht, wenn ein junger Mann Anfang 20 mit einem riesigen Zylinder auf dem Kopf herumläuft – doch irgendwie kleidet es Hunnam.
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(Auf der Suche nach denen, die uns diese dämlichen Hüte angedreht haben. – Nicholas und Mr. Noggs (Tom Courtenay) auf der Pirsch)

Die Schauspielergarde lässt keine Wünsche offen:
Mit Charlie Hunnam („Cold Mountain“) bringt man ein frisches Gesicht in den ansonsten mit Stars fast übersättigten Markt, der zwar die meisten ob seines Alters wohl ein wenig an Heath Ledger erinnern wird, aber dennoch ist er als Nicholas Nickleby ein guter Griff gewesen. Denn groß und stark gibt er Nicholas in verzweifelten Stunden auch sehr zerbrechlich, dass man mitweinen kann.
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(Nicholas Nickleby – Charlie Hunnam)
Die Chemie zwischen den beiden Darstellern Hunnam und Anne Hathaway funktioniert auf eine nahezu zurückhaltende Weise.
Hathaway, die durch ihren Debut-Film „Princess Diaries“ (neben Julie „Mary Poppins“ Andrews) bekannt wurde, spielt die von ihrem Vater (David Bradley – Hausmeister Filch in „Harry Potter“) ausgenutzte Madeline Bray so wie man sich eine junge Frau dieser Zeit vorstellt – im Gegensatz zu vielen anderen jungen Darstellerinnen, die man zwar in ein Kostüm stecken kann, die aber spielen als hätte man das Jahr 2000, versprüht Anne den Charme eines Mädchens des 19ten Jahrhunderts. Doch nie ganz wegzudenken ist Hathaways majestätische Anmut, im Gegensatz zu der ebenso wundervoll agierenden Romola Garai, welche Nicholas Schwester Kate wirklich ausgezeichnet mimt und schön ist, doch leider Ausstrahlung missen lässt.
Denn obschon Hathaway selber erst im letzten Drittel wirklich aktiv werden darf und man Garai ein weniger länger sieht, so erinnert man sich an sie kaum noch sobald die Credits über den Bildschirm flimmern.
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(Madeline Bray – Anne Hathaway)
Hunnams Filmpartnerin jedoch bleibt einem noch weitaus stärker im Gedächtnis – und es ist insbesondere diese wundervolle Szene im Park, die Ausdruck gebend ist für das gesamte Stück: Worte, die noch etwas bedeuten.

Nicholas: …I’ve been happy for times, little times, since [my father] died, but never in peace.
Not until I looked into your face and saw the universe and the order behind it […] You are the one who are so admirably able and strong. […]You see I cannot save you, for I need saving too.
Madeline: What are you proposing?
Nicholas: Only this – that we save ourselves together.
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Eine der ganz großen Szenen des Filmes…

Der (un)heimliche Star aber ist Altmeister Christopher Plummer.
Intrigant und verschlagen präsentiert sich der Kanadier hier, zugleich aber haftet ihm etwas Menschliches an, dass man vor allem gegen Ende sogar mit Ralph Mitleid bekommen mag.
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(Ralph Nickleby - Christopher Plummer)
Plummer gelingt dieses Kunststück eine Art Ebenezer Scrooge zu kreieren in der Kälte ebenso mitschwingt wie selbstzerstörerische Einsicht, nicht minder wie es Jim Broadbent gelingt dem bösartigen Schulmeister Squeers eine Form perverser Menschlichkeit einzuhauchen.
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(Böse Zungen behaupten er habe zu viel GZSZ gesehen – Jim Broadbent alias Wackford Squeers)

Nathan Lane, Timothy Spall („Last Samurai”, “Harry Potter 3”) und Alan Cumming (X-Men2) sind ein freudiges Ensemble, das Unberschwertheit in die Geschichte bringt, wenn auch Cummings Rolle als Mime Folair recht klein ausfällt – zumindest aber hat er einen köstlichen Running-Gag.
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(Die drei Musketiere? – v.l.n.r. Alan Cumming, Nathan Lane, Jamie Bell)
Schmierig, anwidernd ist Edward Fox („Die Brücke von Arnheim“) als alter Lüstling Sir Mullberry Hawks, der es sich zur Aufgabe macht erst hinter Nicholas Schwester zu sein und später noch Madeline nachzusteigen.

Für Jamie Bell war „Billy Elliot“ an der Seite von Julie Waters der Durchbruch; hier gibt er den gezeichneten Smike Mitleid erregend und warmherzig, dass es schwer fällt sich einen anderen in dieser Rolle vorzustellen, denn Bell und Hunnam geben ein passendes Duo ab, dass wahrlich allein durch ihr Äußeres unterschiedlicher nicht sein könnte, womit ihre Charaktere nochmals unterstrichen werden.

Teuflisch und nur in Gegenwart ihres Gatten ein wenig Milde zeigend ist Juliet Stevenson als Mrs. Squeers so überzeugend, dass es kaum der düsteren Kulisse Botheboys braucht, um den Eindruck zu erwecken man befinde sich in der Hölle selber, wohingegen Tom Courtenay als Ralph Nicklebys Schreiber Noggs herrlich spleenig rüberkommt und als guter Geist der Geschichte erscheint.
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(Die Cheeryble Brüder – links Timothy Spall, rechts Gerard Horan )

Und so stellt sich am Ende die Frage, ob McGraths Werk nicht doch einen kleinen Fehler hat – nun einen vielleicht, doch dies sei dem Regisseur Angesichts der vielen Charaktere verziehen: manch Kritiker meinte, der Film hätte ruhig 20 Minuten kürzer sein können, die Wahrheit jedoch eher treffen würde 20 Minuten länger, wünscht man sich doch mehr noch von einigen Charakteren zu sehen.
Dessen aber ungeachtet drehte McGrath eine unbeschwerte, klassische Familiengeschichte im Stile von „Betty und ihre Schwestern“, dass voller liebenswerter und bösartiger Gestalten wimmelt, aber, wie könnte es bei Dickens anders sein, immer ein wenig mit dem erhobenen Zeigefinger droht.

Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der auszog das Leben zu lernen und auf dieser Reise nicht nur Freunde fand, sondern, wie Nathan Lane in seiner Ansprache am Ende des Filmes sagt, in erster Linie eine Familie...

Dabei wirkt Lanes Rede in keiner Weise aufgesetzt wie in den meisten Hollywoodfilmen, an deren Ende eine einsichte Figur vor versammelter Mannschaft erklärt sie habe geirrt und nur dies sei wichtig, nein McGrath baute diese Rede als Toast zur Hochzeit der Nickleby-Geschwister ein.
Und so versucht er viele seiner Szenen der heutigen Zeit anzupassen, einerseits Dickens Geist zu erhalten und doch parallel nichts kitschig wirken zu lassen, dass auf den Zuschauer des 21. Jahrhunderts eher mehr befremdlich wirken könnte.

Ein Drama mit komödiantischen Einlagen, Emotion und Herz, mit Böse- wie Liebewichten und einer Lehre die zu finden eine Reise durch das Leben ist....

5-Smilies sicherhabend gebe ich ob der Sympathie des Filmes 6.
:-) :-) :-) :-) :-) :-)

PS: Schade nur, daß der Film schon nicht mehr in den dt. Kinos läuft... ich für meinen Teil habe mir extra die engl. DVD zugelegt.
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Beitrag von Jack-Halliwell » So 04 Apr, 2004 11:35 pm

Alle Kinder werden erwachsen... bis auf eines....

...und das heißt Peter Pan.
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P.J. Hogans neuester Film ist Kino sowohl für jung und alt – und der Film ist ein Geniestreich im Vergleich zu Disneys zuckersüßer Fassung oder Spielbergs Hook.
Peter Pan ist der Film, den Spielberg hätte machen wollen, doch fällt Hogans im Gegensatz zu Spielbergs starbesetztem Werk noch viel fantasievoller aus.
Denn wer nach dem Film keine Lust einmal mit Peter und Tink ins Nimmerland zu reisen, dem ist echt nicht mehr zu helfen.

Bislang wurde in den Verfilmungen für die Rolle des Peter Pan entweder Mädchen genommen oder ein gealterter, wenn auch sehr sympathische Robin Williams. Star des Filmes ist, neben seinem Widersache, auf jeden Fall Jeremy Sumpter als der Pan. Dieser spielt sogar die männliche Konkurrenz wie Daniel Radcliffe locker an die Wand – mal kindlich verspielt, mal machohaft, mal verletzlich mit „Geprügelter Hundemine“ und dann wieder ein jugendlicher Verführer oder hartgesottener Kämpfer – Sumpter kann in jeder Minute und jeder Gefühlsregung begeistern.
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(„Hey, der heiße Feger hat ja Flügel!“ – Jeremy Sumpter als Peter Pan mit Tinkerbell)
Und mit Sicherheit wird Sumpter auch der nächste große Schwarm aller pubertierenden Mädchen, denn trotz seiner jungen Jahre, sieht er schon wirklich gut aus.

Doch was wäre eine Welt wie Nimmerland ohne einen entsprechenden Bösewicht – ich präsentiere, den bösen Barrakuda, den stahlhändigen Stachelrochen - Kapitän James Hook aka Jason Isaacs.
Seit seiner überragenden Darstellung des Colonel William Tavington in Roland Emmerichs „Der Patriot“ wird der Brite gerne, zuletzt in der Rolle des Lucius Malfoy in Harry Potter 2, als Bösewicht eingesetzt. Wer meinte, nur Dustin Hoffman wäre dazu in der Lage Hook zu spielen, der irrt. Denn Isaacs flößt dem rachsüchtigen Hook auch Menschlichkeit ein, ja macht ihn sogar sympathisch.
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(„Bei meinem Haken, ich mach noch dem Beethoven persönlich Konkurrenz.“ – Jason Isaacs als Kapitän James Hook)
Doch damit nicht genug, so erscheint Isaacs sogar in einer Doppelrolle – und dies nicht ohne Grund: so spielt er zugleich den Vater Wendys, einen Bankangestellten, der sogar Angst vor seinem eigenen Schatten hat. Diese Gratwanderung zwischen schüchternen Familienvater und Bösewicht zu spielen war sicherlich eine noch größere Herausforderung, als nur den Piratenkapitän zu mimen. Und damit kann Isaacs sogar noch vor Hoffman punkten, dem ein wenig mehr Gefühl und Menschlichkeit in „Hook“ verwehrt geblieben ist.

Rachel Hurd-Wood ist genauso umwerfend, neben ihrer Schönheit (dem perfekten Kussmund und den stahlblauen Augen), kann sie genauso wie ihr Filmpartner Sumpter überzeugen. Besonders in den Szenen zwischen Peter und Wendy, in denen sich beide mal zärtlich verlangende oder verspielte Blicke zuwerfen.
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(„Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich ... wenn ich ihm schöne Augen mache“ – Rachel Hurd-Wood als Wendy Darling)
Tatsächlich entpuppen sich beide als wunderschönes Paar zwischen dem Chemie perfekt auf einander abgestimmt ist: der überaus romantische Tanz der beiden und der von den Zuschauern von der ersten Minute an ihres Aufeinandertreffens erwartete Kuss sind zauberhaft und dürften wohl keinen kalt lassen.

Zu erwähnen seien auf jeden Fall noch die beiden Darsteller Harry Newell und Freddie Popplewell die John und Michael, Wendys Brüder, spielen, und ebenso göttlich herüberkommen wie die Hauptdarsteller.
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(Bilderbuchfamilie ... hoffentlich. v.l.n.r.: Harry Newell, Jason Isaacs, Freddie Popplewell, Rachel Hurd-Wood und Olivia Williams)
Olivia Williams darf sogar in ein paar hommagehafte Sequenzen an ihre Rolle in „Sixth Sense“ spielen.
Und Ludivine Sagnier als Peter Pans Tinkerbell/Glöckchen gibt die Elfe weitaus leichtherziger als Julia Roberts und noch wesentlich fantastischer als die Disney-Version je dargestellt wurde.
Fortsetzung folgt...
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Beitrag von Jack-Halliwell » So 04 Apr, 2004 11:37 pm

Fortsetzung:
Das Zeitalter der Magie.
Früheren Verfilmungen mangelte es an den entsprechenden Special-Effects
Doch die Computer machen’s möglich Nimmernimmerland, Elfen, fliegende Kids und ein riesiges Krokodil, dass garantiert keiner als Kuscheltier haben will, endlich so umzusetzen wie J.M. Barry es sich vorgestellt haben mag.
Sagnier wirkt nicht wie extra ins Bild kopiert oder vor einer Leinwand spielend, die rosa Wolken laden zu einem Picknick in luftiger Höhe ein und, besonders schön, Peters und Wendys Tanz vor Mond und Sternenzelt des Himmels.
Doch dies alleine reicht natürlich noch nicht, denn obschon die Effekte toll sind, so runden die liebevoll gestalteten Kulissen, wie die Jolie Roger und Hooks Kajüte oder das Versteck der verlorenen Jungen, knallig eingesetzte Farben und schöne Kamerafahrten erst Hogans bildgewaltiges Märchen ab.
Die Maske tat ihr übriges, denn die z.B. Piraten sehen schon wirklich irgendwo zwischen furchterregend und kurios aus.
Die Kampfchoreographie hatte es sicherlich auch nicht einfach, doch sind die Duelle zwischen dem fliegenden Peter und seinem Widersacher Hook perfekt umgesetzt.
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(Kreuzverhör – Hook vs. Pan)
Hogan und Crew zogen also alle Register ihres Könnens und so ist die technische und schauspielerische perfekte Inszenierung ein Augen und Ohrenschmaus.
Ohrenschmaus deswegen, da James Newton Howards (Schatzplanet, Atlantis) Score für die entsprechende emotional-musikalische Untermalung sorgte: „Flying“, „Learning to fly“ sowie „Fairie Dance“ und „I do believe in fairies“ sind die wohl besten Tracks seiner Komposition.
Und auch der Witz kommt nicht zu kurz – kaum eine Szene ist nicht erfüllt von einem Schmunzeln bis hin zum schallenden Gelächter...aber sehet und lachet selbst.

Ein Kuss.
Ist Freud ins Nimmerland eingezogen? Eigentlich gehöre ich nicht zu denen, die alles sexuell interpretieren, doch die Anspielungen und die symbolischen Abbilder sind wohl mehr als eindeutig:
Hook und Pan praktisch als zwei Seiten derselben Medaille – Pans Erzfeind ist letztlich seine eigene Furcht vor dem Erwachsenwerden, denn in ihm sieht er nur das Altsein und die Einsamkeit.
Pan hingegen wird von Hook wegen seiner jugendlichen Unbekümmertheit verabscheut, da er das repräsentiert was Hook entflohen ist und der Pirat das auslöschen will, was ihn am meisten daran erinnert. So ist das Krokodil mit der verschluckten Uhr, Hooks Todsomen, denn er hat Angst vor der Zeit, die ihm davontickt.

Zugleich aber, und nun tatsächlich darf sich Freud austoben, spiegeln Pan und Hook auch Wendys eigenen Zwiespalt wieder, der sie ereilt nun, da sie zu einer Frau heranreift.
Peter hat das Feuer der Jugend doch steht ihm die Unbeschwertheit eines Kindes im Wege, um Wendy zu erreichen. Der über ihrem Bett schwebende Junge, das Vater-Mutter-Kind-Spiel und natürlich Wendys glücklicher Gedanke, der sie zum Fliegen bringt, all das als Ausdruck eines Mädchens, dass sich gerade auf des Messers Schneide zwischen Kindsein und Fraulichkeit befindet.
Hook hingegen ist die verantwortungsvolle Vaterfigur, und nun wird auch klar warum Isaacs zugleich Mr. Darling spielt, die wohl jede Frau in ihrem Mann sucht.
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(Das wohl süßeste Teenypaar aller Zeiten: Hurd-Wood & Sumpter)
So verzehrt sich aber nicht nur Wendy mal nach dem einen, mal nach dem anderen –natürlich meist eher nach dem Pan - sondern auch Peter steckt in einer jugendlichen Krise: ein Jungen, zu alt um noch Kind und zu jung, um eine Mann zu sein.
Doch genau letzteres zeigt sich immer wieder, bis das Kind durchbricht, das doch nur Spaß haben will, aber die Verantwortung fürchtet, während der Mann in ihm Wendy unbedingt haben will.
Schade nur, dass Peters Zwiespalt keine Auflösung findet – wie schon Erich Kästner sagte: Die meisten Erwachsenen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie und denken nicht mehr daran, dass sie jemals exsistiert hat. Aber nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt ... ist ein Mensch.
Persönlich gefällt mir der Gedanke, dass Peter, im Gegensatz zu dem was Wendy als Erwachsene im Off erzählt, vielleicht doch zurückgefunden hat zu ihr.

Trotz dieser Andeutungen ist der Film noch immer für Kids um die 10 Jahre geeignet. Die Altersfreigabe ab 6 im Kino lief nicht ohne ein paar Schnitte ab, die hoffentlich auf der DVD ausbleiben werden. Dahingehend ist genau die Altersfreigabe mal wieder eine Sachen, an der sich die Geister scheiden werden. Denn die Zielgruppe ab 10 aufwärts wird zwar bedient, doch alle 10-11 Jährigen gingen bei einer ab 12 Freigabe lehr aus. Kindgerecht wird die Schere gezückt, um ja entsprechendes Publikum anzulocken.
Und so sollte meiner Ansicht nach, die Freigabe sichtlich überarbeitet werden und eine feinere Abstufung erhalten – ein Punkt bei dem sicherlich wieder die Gemüter erregt werden, geht es um die Freigabe von „Harry Potter 3“.

Dessen ungeachtet ist „Peter Pan“ rundum gelungenes Kino für die ganze Familie ab 10 Jahren, Kinder, die jünger sind, sollten wohl lieber erst einmal die Disneyfassung ansehen.
Ein wunderschöner, farbenfroher, mal düsterer, mal heiterer und auch inhaltlich überzeugender Film, der sichtlich näher am Original arbeitet als alle anderen. Ein Film über das Erwachsenwerden und die Sehnsucht sich seine Kindheit zu erhalten, den gerade auch die älteren Zuschauer nicht scheuen sollten – im Gegenteil.
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(Möge die Macht mit mir sein!)
Fazit:
Volle 6 Smilies :-D :-D :-D :-D :-D :-D
Denn es ist schwer mich rundweg zu begeistern und dergestalt aus dem Kino schlendern zu lassen, dass ich am liebsten selber ins Nimmerland reisen würde....
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